Sascha Brändle (3): «Ich dachte: Das darf doch nicht wahr sein!»
28.07.25

Im Frühling erhielt Sascha Brändle die CAR-T-Zelltherapie, in die er grosse Hoffnung gesetzt hatte. Um diese Therapie ging es im zweiten Blog-Beitrag und Podcast mit ihm. Inzwischen hat er erste Zwischenresultate erhalten. Sie sind nicht ganz so befriedigend, wie er es sich gewünscht hatte.
Sascha Brändle, der Unternehmensberater aus Niederglatt, ist in diesen Tagen nachdenklich. Er spürt zwar keine Symptome vom Krebs, insofern fühlt er sich gut. Doch zurzeit ist fraglich, ob die CAR-T-Zelltherapie das brachte, was er sich erhofft hatte. Vor kurzem hat er eine PET-CT-Untersuchung absolviert, das ist eine Computertomografie mit Kontrastmittel. Das Ergebnis ist ernüchternd. «Es scheint, als wäre der Krebs in meinem Körper noch aktiv», fasst Sascha Brändle zusammen.
Mit der Diagnose Knochenmarkkrebs war er im Februar 2024 konfrontiert worden. Dann brach sein Oberschenkelknochen, der vom aggressiven Krebs bereits stark angegriffen war. Der Oberschenkel wurde operiert und der Knochen mit einem Nagel fixiert. Sascha Brändle, der frühere Marathon- und Ironman-Finisher, sass zeitweise im Rollstuhl. Danach erhielt er mehrere Chemotherapien und eine Stammzelltransplantation. Da diese nicht die erwünschte Wirkung zeigten, unterzog er sich der CAR-T-Zelltherapie.
Diese ständige Unsicherheit
Nach dem Zwischenbericht der vergangenen Tage stehen nun weitere Analysen an, darunter vor allem eine Knochenmarkpunktion. Diese soll genaueren Aufschluss über den Stand der Erkrankung geben, und auf der Basis der Ergebnisse werden weitere Therapien ins Auge gefasst. Eine Variante sind Bestrahlungen der linken Schulter, wo möglicherweise noch Krebszellen aktiv sind.
Inzwischen hat Sascha Brändle diese Nachricht zwar bereits verdaut. «Ich schaue wieder vorwärts und habe das Gefühl, das Leben geht weiter», sagt er in der dritten Folge des Palliaviva-Podcasts mit ihm. Doch die Nachricht habe ihn verunsichert. «Können wir nicht wenigstens einmal den einfachen Weg gehen?», hat er sich gefragt. Die Unsicherheit drückt auf die Stimmung, denn der ganze Alltag ist unplanbar geworden.
In dieser Unplanbarkeit suchen der 50-Jährige und seine Frau Cindy immer wieder Wege, doch Perspektiven zu entwickeln und – wie er es ausdrückt – «das Unplanbare planbar zu machen». Auch wenn sie vielleicht diesen Sommer nicht wie vorgesehen ans Meer fahren können, haben sie sich auf eine gedankliche Zehn-Jahres-Perspektive geeinigt. In diesem Zeithorizont denken sie, wenn es um Themen geht wie Vorsorge, Sparen oder neue Anschaffungen.
Diese Perspektive ermögliche es ihnen, in Diskussionen und auch in den eigenen Gedanken nicht ständig auf die Krankheit zurückgeworfen zu werden, erklärt Sascha Brändle. «Wie soll ich sonst mit Alltagsaufgaben umgehen?», fragt er. Er erwähnt als Beispiele Fragestellungen wie diese: Soll ich ein Gym-Abo für ein Jahr abschliessen? Oder: Lohnt es sich überhaupt, neue Kleider für den Winter zu kaufen?
Gefährliche Hirnnervenentzündung
In den eineinhalb Jahren seit der Diagnose hat Sascha Brändle viele Auf und Abs erlebt. Von Anfang an ging er mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit. Immer wieder berichtet er auf seinem Instagram-Profil, wie es ihm geht.
Wer ihm in den sozialen Medien folgt, hat mitbekommen, dass er nach der CAR-T-Zelltherapie unter einer gefährlichen Nebenwirkung litt: Er entwickelte eine Hirnnervenentzündung und als Folge davon Wortfindungs- und Orientierungsstörungen sowie Lähmungserscheinungen im Gesicht. «Während einem Hundespaziergang stand ich im Wald an einer Kreuzung, die ich kannte, und wusste nicht, wo es weitergeht. Meine Frau war zum Glück dabei», erzählt er. Zudem bemerkte er, dass er sich in Diskussionen nicht mehr richtig einbringen konnte.
Nachdem die Diagnose gestellt war, verbrachte Sascha Brändle erneut einige Zeit im Spital und erhielt hochdosiertes Cortison. Er sagt: «Die Symptome haben sich vollständig zurückgebildet.» Andere Nebenwirkungen der vielen Therapien in den letzten eineinhalb Jahren sind noch nicht ganz verschwunden. Das Geschmacksempfinden beim Essen und Trinken hat sich zwar verbessert, ist aber noch nicht einwandfrei. Seine Fingernägel brechen noch immer – ein Zeichen für ihn, wie «lange das Gift im Körper bleibt».
Die Frage, wie es beruflich weitergeht, beschäftige ihn jeden Tag, sagt er. Er überlege, wo sich Chancen und Möglichkeiten bieten könnten und in welche Richtung es gehen soll. Eine unberechenbare Müdigkeit – auch sie wahrscheinlich eine Folge der Therapien – bremse ihn im Alltag immer wieder aus. Er akzeptiert die Müdigkeit, auch wenn das für einen Bewegungsmenschen wie ihn eine grosse Herausforderung ist.
Das Glas ist halbvoll
Er sieht das Glas weiterhin halbvoll und nicht halbleer. «Wenn die Gesundheit so bleiben würde, wie sie jetzt ist: Ich würde sofort unterschreiben!» Er schätzt, dass seine Leistungsfähigkeit momentan im Vergleich zur Zeit vor der Diagnose auf dem Stand von etwa 40 Prozent sei.» Gegenüber der Phase, als er im Rollstuhl sass, sei das aber viel.
Dass er unheilbar krank ist, weiss Sascha Brändle. Doch nun wünschte er sich, dass sich der Krebs möglichst lange ruhig verhalten würde. Dass dieser Wunsch in Erfüllung geht, liegt zu hundert Prozent im Bereich des Möglichen.
Das ganze Gespräch gibt es hier als Podcast zu hören.
Sascha Brändle (1): Kämpfer in eigener Sache – Der erste Text über Sascha Brändle (vom 25.01.2025) ist hier zu finden. Die erste Podcast-Folge ist hier verlinkt.
Sascha Brändle (2) – Sein Leben, sein Sport, seine Liebe – Den zweiten Text (vom 19.02.2025) finden Sie hier. Die zweite Podcast-Folge ist hier verlinkt.