«Traurige Themen liegen mir am besten»

02.08.17

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Video-Journalist Fabian Rymann hat Onko-Plus-Mitarbeiterin Lea Furrer einen Tag lang begleitet. Die Folge der Sommerserie «Ein Tag im Leben von» wurde letzte Woche erstmals ausgestrahlt und ist immer noch online abrufbar.

Nach einem Film über einen Bestatter haben Sie zum zweiten Mal das Thema Sterben und Tod gewählt für einen kurzen Dokumentarfilm und eine Mitarbeiterin von Onko Plus auf Ihrer Tour begleitet. Weshalb?

Fabian Rymann: Weil mich das Thema interessiert, und es uns alle betrifft. Gleichzeitig kommt man damit nicht in Kontakt, ausser man hat Angehörige, die alt oder krank sind. Ich habe das Gefühl, je mehr man sich damit befasst, desto weniger Angst macht es einem. Bevor ich ins Krematorium gegangen bin, stellte ich mir eine Einäscherung als etwas Schlimmes vor. Nach diesem Tag aber weiss ich näher Bescheid, und die Vorstellung hat ihren Schrecken verloren.

Woher kommt ihr Interesse am Thema?

Zwei meiner Grosseltern sind kürzlich gestorben – aber ich bin mir gar nicht sicher, ob das einen direkten Zusammenhang hat. Mir hat das Wissen über das Krematorium jedoch geholfen: Ich konnte meinem Götti erklären, wie die Einäscherung ablaufen wird. Ich mag es, mir ein Thema, das mich zuvor ängstigte, so zu erarbeiten, ihm seinen Schrecken zu nehmen. Mein Ziel ist es zudem, möglichst viele Zuschauer zu erreichen und zu berühren. Aber ich will nicht unbedingt etwas verändern in der ganzen Gesellschaft. Diejenigen, die sich mit dem Thema beschäftigen wollen, machen es selbst. Andere wollen nichts davon wissen. Das ist auch in Ordnung.

Welche Ängste konnten Sie abbauen, als Sie mit Onko Plus unterwegs waren?

Wenn man nichts über die Realität einer Krebserkrankung weiss, klingt sie abstrakt. Jetzt weiss ich, dass man auch mit dieser Krankheit ein relativ gutes Leben führen kann. Die Welt geht nicht gleich unter. Es gibt noch gute Momente. Das Wissen, dass es Alternativen zur Chemotherapie gibt, und auch Unterstützung im Bereich Palliative Care besteht, wirkt sicher beruhigend.

Was hat Sie an diesem Tag beeindruckt?

Sicher Lea Furrer als Person. Sie ist ein fröhlicher und sympathischer Mensch. Mit ihr hätte ich auch über etwas Belangloses wie Sport sprechen können. Das Thema war aber natürlich spannender. Alle Mitarbeiterinnen, die ich kennengelernt habe, waren gut drauf ist. Das hat mich überrascht, das hätte ich nicht erwartet.

Was waren die Herausforderungen an diesem Tag?

Ich kam mir ein bisschen deplatziert vor mit der Kamera bei Leuten zu Hause, die in einer so schwierigen Situation sind. Ich wusste auch nicht genau, wie ich mit todkranken Menschen umgehen soll. Lea Furrer riet mir dazu, mich ganz normal zu verhalten. Das kommt auch vor im Film. Zu Beginn war das nicht einfach. Der erste Patient war aber sehr nett zu mir und nahm meine Anwesenheit ziemlich locker. Der zweite war ohnehin nicht mehr ansprechbar.

Sind Sie zufrieden mit Ihrem Werk?

Ich habe mir den Beitrag noch einmal in Ruhe angesehen, zu Hause auf dem Sofa, zusammen mit meiner Familie. So konnte ich ihn in Ruhe auf mich wirken lassen. Im Schneideprozess habe ich immer nur Stückchen davon mitbekommen. Mit der Zeit mag man ihn gar nicht mehr sehen. Ich denke, es ist eine gute Folge. Meine Eltern fanden Lea Furrer als Person ebenfalls sehr sympathisch.

Beide Patienten, die Sie besucht haben, sind kurz danach gestorben. Was hat dieses Wissen in Ihnen ausgelöst?

Ich war sehr überrascht, vor allem beim ersten Patienten. Er stand ja noch ganz am Anfang dieses Prozesses. In den Gesprächen, bei denen ich dabei war, ging es erst darum, den Alltag mit der Krankheit zu regeln. Das Paar machte Pläne, wie es damit umgehen will. Wenn man dann hört, dass der Patient nur einen Tag später gestorben ist, macht einen das schon nachdenklich.

Worüber machen Sie Ihren nächsten Film?

Im Rahmen der Sommerserie auf Tele Z realisiere ich fünf Folgen – der Film über Lea Furrer war einer davon. Eine Folge habe ich über einen 30-jährigen Mann produziert, der an einer Muskelkrankheit leidet. Er arbeitet als Kundenberater im Jumbo. Auch er ist in einer schwierigen Situation. Er hat eine nur geringe Lebenserwartung. Die letzte Folge, die ausgestrahlt wird, handelt von einem Zimmermann, der seit zwei Jahren auf der Walz ist.

Mit welchen Themen und Formen beschäftigen Sie sich als Journalist am liebsten?

Ich realisiere schon am liebsten Reportagen. Traurige Themen liegen mir zudem am besten. Weil sich ein ernstes Thema wie von selbst ausbreitet. Da kann ich gar nicht so viel falsch machen. Wenn ich ein spannendes Thema habe und eine Person, die gut erzählt, kann ich nur noch veredeln. Wenn aber das Thema seicht ist, steht und fällt alles mit dem Schneiden und meiner Arbeit. Das finde ich schwieriger.

Sie studieren noch. Was ist Ihr berufliches Fernziel?

Mein Ziel ist das Schweizer Fernsehen. Ich würde gern hinter der Kamera stehen, entweder als Journalist oder auch als Kameramann.

 

Fabian Rymann (26) studiert an der HTW in Chur Multimedia Production. Er realisiert als freier Videojournalist die Sommerserie «Ein Tag im Leben von» für den Lokalsender Tele Z. Dieser deckt thematisch den Kanton Zürich ab, ist aber in der ganzen Schweiz zu empfangen.

 

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