«Sie konnte sich auch von der Katze verabschieden»
09.07.25

Seine Frau starb im Sommer 2024 nach einer langen Krankengeschichte. Ihren 49. Geburtstag – den letzten – hatten sie noch mit einem grossen Fest gefeiert. «Dass sie zu Hause sterben konnte, war für uns beide sehr wichtig», erzählt ihr Mann. – Er möchte seine Geschichte erzählen, aber anonym bleiben.
Sie war Anfang zwanzig, als sie 1997 die Diagnose Eierstockkrebs erhielt. Einige Jahre später lernte sie bei der Arbeit ihren zukünftigen Mann kennen. Sie verliebten sich, wurden ein Paar und heirateten. «Schon wenige Wochen nach dem Kennenlernen erzählte sie mir von ihrer Krankheit», erinnert er sich. Damit sei klar gewesen, dass eine Familiengründung auf konventionelle Art nicht möglich sein würde.
«Die Liebe war stärker», sagt er rückblickend. Bis zu ihrem Tod waren sie 21 Jahre lang zusammen. Die erzwungene Kinderlosigkeit sei zeitweise belastend gewesen, erzählt der Mann heute. Doch dann hätten sie begonnen, die Freiheit zu schätzen. «Wir sind viel gereist und lebten eine glückliche, normale Beziehung. Durch die Krankheit gab es hin und wieder Rückschläge, Chemotherapien und Spitalaufenthalte. Doch all das hinderte uns nicht am Leben.» Sie seien beide immer sehr offen mit der Krankheit umgegangen. Der Freundeskreis, Bekannte, Verwandte und auch das berufliche Umfeld hätten unterstützend reagiert.
Die letzten Tage
Seine Frau beschreibt er als Macherin, die sich durch den Krebs von nichts abhalten liess. «Sie war neugierig, empathisch und lebte intensiv.» Was andere Leute in vielen Yogastunden zu erreichen versuchten – im Moment zu leben – sei ihr leicht gefallen. «Sie war in ihrer Mitte und sehr bei sich.»
Sie machte sich selbstständig und baute ein Geschäft auf, gemeinsam zogen sie in ein Einfamilienhaus in der Region Zürich. Dort, zu Hause, starb sie im Sommer 2024. Er sagt: «Die letzten Tage daheim zu verbringen und auch hier zu sterben: Das war ihr Wunsch. Sie konnte sich auch von der Katze, vom Haus und vom Garten verabschieden.» Der Mann übernahm die Betreuung in dieser Zeit rund um die Uhr, unterstützt von der lokalen Spitex und von Palliaviva.
«Ohne Palliaviva hätte ich das alles nicht geschafft», hält er fest. Allein das Wissen, ein spezialisiertes Palliative-Care-Team im Hintergrund zu haben, gab ihm Sicherheit. «Ich wusste, dass ich anrufen konnte, wenn die Luft dünner würde.» Einmal hätten sie auf Wunsch seiner Frau das Piketttelefon auch «getestet». Eines Abends riefen sie auf die Nummer an, die ihnen das Palliaviva-Team gegeben hatte. «Meine Frau wollte wissen, wer den Anruf beantworten würde.»
Palliaviva unterhält einen 24-Stunden-Pikettdienst: Patientinnen, Patienten und ihre Angehörigen können bei medizinischen Notfällen eine bestimmte Telefonnummer wählen. Anrufe werden rund um die Uhr von einer Person aus dem spezialisierten Pflegefachteam entgegengenommen. Manche Fragen können am Telefon beantwortet werden. Ist ein Einsatz vor Ort nötig, rückt die Pflegefachperson, die auf Pikett ist, aus und macht einen Hausbesuch.
Zu zweit wie in einem Kokon
Zusätzliche Sicherheit gab ihm die Tatsache, dass Palliaviva und das Kompetenzzentrum Palliative Care des Universitätsspitals Zürich (USZ) eng zusammenarbeiten. Im USZ verbrachte seine Frau drei Wochen, bevor sie ein letztes Mal nach Hause zurückkehrte. Er war in diesen Wochen fast immer bei ihr und schlief auf einem Klappbett in ihrem Zimmer. «Das war eine der schönsten gemeinsamen Zeiten», sagt er.
Beide wussten damals, dass es nicht mehr lange dauern würde. «In dieser Zweisamkeit zu wissen, dass es nur noch ums Wesentliche geht, hat eine grosse Intensität und auch eine gewisse Qualität. Wir fühlten uns wie in einem Kokon.» Er schätzt sich glücklich, dass seine Frau und er genug Zeit hatten, sich voneinander zu verabschieden.
Und wie geht es ihm heute? «Es geht mir gut», sagt er. In der Trauer tröstet ihn der Gedanke an ihre letzten Tage: «Meine Frau konnte in Frieden gehen und ohne Ängste und Schmerzen einschlafen – auch dank Palliaviva.» Er selber bewege sich jeden Tag vorwärts, wobei er sich seine Schritte bewusst überlege: «Das Leben ist zu kurz, um etwas zu machen, das man nicht gern macht.»
Das ganze Gespräch gibt es hier als Podcast zu hören.