Ärztin Eva Voser möchte das Netz noch enger knüpfen

15.01.24

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Eva Voser, Oberärztin im Kompetenzzentrum für Palliative Care des Spitals Affoltern, fotografiert von Gaëtan Bally.

Eva Voser startete eine Umfrage und nahm die hausärztliche Palliativversorgung im Knonaueramt unter die Lupe. (Fotos: Gaëtan Bally)

Mit der Villa Sonnenberg und Palliaviva profitiert die Bevölkerung im Knonaueramt bereits heute von einem guten Angebot an Palliative Care. Und doch zeigen sich Lücken. Wie diese geschlossen werden könnten, zeigt eine aktuelle Untersuchung durch eine Ärztin.

«Es ist ein tolles Gefühl, zu merken, dass man seine berufliche Bestimmung gefunden hat», sagt Eva Voser. Die 41-jährige Medizinerin arbeitet als Oberärztin in der Villa Sonnenberg, dem Kompetenzzentrum für Palliative Care des Spitals Affoltern. Ihr Alltag ist mitunter belastend und traurig – und doch ist sie überzeugt, hier am richtigen Ort zu sein. In der Palliative Care hat sie als Ärztin eine absolut sinnhafte Arbeit gefunden.

Neben ihrer Tätigkeit als Oberärztin ist Eva Voser zurzeit daran, den interdisziplinären Schwerpunkttitel Palliativmedizin zu erlangen. Für diesen Titel hat sie ein Studium im Rahmen eines CAS (Certificate of Advanced Studies) absolviert und dieses kürzlich mit einer wissenschaftlichen Arbeit abgeschlossen. Dabei widmete sie sich einer Frage, die sie im Alltag ständig umtreibt: Welchen Bedarf gibt es für einen Ausbau des ambulanten ärztlichen Angebots im Bereich Palliative Care?

Palliaviva-Büro in der Villa

Das Knonaueramt verfügt mit der Villa Sonnenberg, in der schwer kranke Patientinnen und Patienten für vorübergehende Aufenthalte, aber auch für die letzte Lebensphase aufgenommen werden, über eine herausragende Institution. Das Team aus Ärztinnen und Ärzten wie auch das Pflegeteam haben einen engen Austausch mit den anderen Spezialistinnen und Spezialisten im Regionalspital, und sie arbeiten seit vielen Jahren auch mit Palliaviva zusammen.

Im Herbst 2023 hat das Palliaviva-Team ein Büro im obersten Geschoss der Villa Sonnenberg bezogen, wodurch die Zusammenarbeit zusätzlich verstärkt wird. Man begegnet sich im Alltag und tauscht sich auch an Rapporten aus über gemeinsame Patientinnen, Patienten und ihre Angehörigen. Damit können deren Bedürfnisse noch besser erfasst werden. Auch der Übergang von der stationären Versorgung zur Betreuung durch das ambulante Team wird verbessert.

Palliaviva-Mitarbeiterin Livia de Toffol am neuen Büroplatz im Dachgeschoss der Villa Sonnenberg.

«Viele Menschen wünschen sich bei schwerer Krankheit, Leiden, Behinderung und Pflegebedürftigkeit, möglichst bis zum Tod zu Hause betreut zu werden», hält Eva Voser fest. «Im Knonaueramt kann dieser Wunsch schon heute häufig erfüllt werden. Dank Palliaviva werden Patientinnen und Patienten in Zusammenarbeit mit lokalen Spitex-Organisationen auf hohem Niveau daheim begleitet.»

Gefragte Expertise rund um die Uhr

Eva Voser beobachtet allerdings auch immer wieder, dass die Betreuung von Betroffenen nach Spitalaufenthalten herausfordernd ist, besonders, wenn neben der Pflege eine enge ärztliche Begleitung notwendig wird. «Bei komplexen Symptomen wie starken, wechselnden Schmerzen muss die Medikation immer wieder angepasst werden.»

Ärztliche Expertise sei nicht nur tagsüber, sondern teilweise auch nachts notwendig. Dazu kommt: «Die Betreuung ist zeitintensiv und belastend – und sie verlangt mehr als medizinisches Wissen. Die Palliative Care umfasst auch soziale, spirituelle und psychische Aspekte.»

Palliaviva arbeitet heute mit zwei Konsiliarärztinnen zusammen, die Patientinnen und Patienten daheim besuchen, wenn diese selber keine Hausärztin oder keinen Hausarzt haben. Sie kommen auch dann zum Einsatz, wenn die Hausärztin oder der Hausarzt die Betreuung aus zeitlichen oder fachlichen Gründen nicht weiter gewährleisten kann. Die beiden Ärztinnen, die beide nur im Nebenamt für Palliaviva tätig sind, werden auch bei komplexen Symptomen und beispielsweise beim Einsatz von Schmerzpumpen hinzugezogen.

Eva Voser interessierte sich in ihrer CAS-Arbeit besonders für die Frage, wie diese ärztliche Abdeckung im Netzwerk auch in Zukunft sichergestellt werden kann, wenn die Zahl der älteren Menschen ansteigt und die Anzahl der Hausarztpraxen voraussichtlich weiter abnimmt. Im Mittelpunkt stand eine Befragung in den Praxen im Bezirk Affoltern – und diese brachte erstaunliche Ergebnisse.

Telefonischer ärztlicher Support

«Am meisten überrascht war ich darüber, dass nur wenige der Hausärztinnen und Hausärzte eine Weiterbildung in Palliative Care besitzen», sagt Eva Voser. «Die zweite Überraschung war, dass ein hoher Prozentsatz von ihnen Hausbesuche macht.» Von 52 Hausarztpraxen, die den Fragebogen erhielten, haben diesen 43 retourniert. Die Auswertung zeigte, dass 84 Prozent der Hausärztinnen und Hausärzte im Bezirk Hausbesuche durchführen, meist ein bis zwei pro Woche. 65 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Palliativpatienten zu Hause betreuen, nur 7 Prozent haben eine Weiterbildung in Palliative Care absolviert.

Eva Voser fragte auch, ob ein Ausbau des ambulanten ärztlichen Angebotes gewünscht wäre – insbesondere eine telefonische Unterstützung. 60 Prozent der Befragten bejahten diese Frage. Am häufigsten wurde ein Ausbau des telefonischen Supports gewünscht (65 Prozent), vorzugsweise während den normalen Arbeitszeiten. Aber auch bei der ärztlichen Unterstützung rund um die Uhr besteht ein Bedarf: 44 Prozent der Befragten wünschen sich ein mobiles ärztliches Team, das rund um die Uhr zu den Patientinnen und Patienten vor Ort gehen kann. 14 Hausärztinnen oder Hausärzte wünschen sich einen Qualitätszirkel zum Besprechen von fachlichen Fragen.

Auch die Finanzierung spielte in der Untersuchung eine Rolle. Mehr als ein Drittel der Befragten (37 Prozent) äusserte die Meinung, dass die ambulante Palliativmedizin ungenügend über TARMED abgerechnet werden kann.

Persönliches Engagement

Für die Palliative-Care-Ärztin Eva Voser ist als Konsequenz klar, dass das ambulante Angebot mit spezialisierten Ärztinnen und Ärzten im Hintergrund künftig ausgebaut werden muss. «Bevor etwas entschieden wird, sollte die Palliative-Care-Strategie der Gesundheitsdirektion für die Jahre 2024 bis 2028 abgewartet werden», sagt sie. «Erwartet wird, dass auch die Gesundheitsdirektion ambulante Dienste fördern will.»

Eva Voser jedenfalls kann sich vorstellen, Teil eines Teams aus Ärztinnen und Ärzten zu sein, die einen Palliative-Care-Dienst rund um die Uhr gewährleisten. Dass die Zusammenarbeit zwischen Palliaviva und der Villa Sonnenberg im Alltag weiter vertieft wird, steht für sie sowieso ausser Frage. Ihre CAS-Arbeit sieht sie als zusätzliche Motivation dafür.

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